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Entmachtung des Silicon Valley  – Tal der Tränen  / Von Autor: Roland Lindner, FAZ – Wirtschaftskorrespondent in New York.

Donald Trumps Sieg entmachtet das Silicon Valley. Die Wahlen waren ein Aufstand gegen die dort gepredigten Umbrüche. Trump-Wähler sahen den propagierten Fortschritt als eine Gefahr. Und ihre Sorgen sind nicht aus der Luft gegriffen.

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Donald Trump liebt Twitter. Der künftige amerikanische Präsident hat den Kurznachrichtendienst im Wahlkampf mit Besessenheit genutzt, um seine Widersacher zu attackieren, gerne auch mitten in der Nacht. Jenseits von Twitter weiß Trump mit der digitalen Welt aber nicht allzu viel anzufangen. In seinem Büro steht kein Computer, E-Mails lässt er sich ausdrucken. Er scheint eigenartige Vorstellungen von Informationstechnologie zu haben und hat vorgeschlagen, Teile des Internets zu „schließen“, um Terroristen einen Kommunikationskanal zu nehmen.

Er hat bekundet, darüber mit Leuten wie Bill Gates sprechen zu wollen, dem Mitgründer des Softwarekonzerns Microsoft, der heute freilich in dem Unternehmen keine größere Rolle mehr spielt, weil er sich auf wohltätige Arbeit konzentriert. Ansonsten hatte Trump im Wahlkampf wenig Konkretes zu Technologiefragen zu sagen, ganz im Gegensatz zu Hillary Clinton, die ein ausführliches und von der Branche für gut befundenes Programm vorlegte.

Das Fremdeln beruht auf Gegenseitigkeit. Die Technologieindustrie war sich weitgehend einig in ihrer Verachtung für Trump. Prominente Figuren aus dem kalifornischen Silicon Valley schlugen sich auf Clintons Seite, ob Sheryl Sandberg, die Geschäftsführerin von Facebook, oder Tim Cook, der Vorstandschef von Apple. Es wurden offene Briefe geschrieben, Interviews gegeben, Tweets verfasst und Spenden für Clinton gesammelt. Aus der Internetbranche alleine bekam sie fast 70 Mal so viel Geld wie ihr Widersacher.

Selbst Republikaner wie Meg Whitman, die Vorstandsvorsitzende des Technologiekonzerns Hewlett Packard Enterprise, wechselten das Lager. Die einzige größere Ausnahme war Peter Thiel, der aus Deutschland kommende Unternehmer und Investor, der öffentlich für Trump Partei ergriff. Aber Thiel ist ohnehin jemand, der sich in der Rolle des schrulligen Querdenkers gefällt und gerne vom Mainstream abweicht.

Entsetzen über das Wahlergebnis in der Technologiebranche

Nun aber stellt sich heraus, dass ausgerechnet er auf das richtige Pferd gesetzt hat. Trump hat gewonnen, und Thiel wurde wegen seiner Unterstützung ins „Übergangsteam“ des künftigen Präsidenten berufen; dessen Aufgabe ist es, Trumps Amtsübernahme vorzubereiten und bei der Auswahl des Personals fürs Kabinett und für etwa 4000 weitere Positionen zu helfen. In der Technologiebranche herrscht Entsetzen über das Wahlergebnis. Aaron Levie, Vorstandschef des auf Online-Speicherung von Daten spezialisierten Unternehmens Box, brachte es per Twitter auf den Punkt: „Ihr kennt diese Zeiten, wenn wir andere Länder

Das Silicon Valley ist plötzlich auf der Verliererseite und sieht sein Selbstverständnis in Frage gestellt. Die Unternehmen dort schreiben sich auf die Fahnen, die Welt zu verbessern und „Moonshots“ zu wagen, also kühne Vorhaben wie einst die Mondlandung. Ihre Philosophie ist die Disruption, das Aufbrechen bestehender Strukturen, das alten Geschäftsmodellen die Basis raubt und Neues schafft. Aber genau dagegen haben sich viele Trump-Wähler gewandt. Sie sehen den Fortschritt, der im Silicon Valley propagiert wird, als Gefahr. Und ihre Sorgen sind nicht aus der Luft gegriffen.

Dass zum Beispiel Uber und andere Firmen an selbstfahrenden Lastwagen arbeiten, mag ja faszinierend sein. Aber es wirft auch die Frage nach der Zukunft von 3,5 Millionen Lastwagenfahrern in Amerika auf. Die Welt des Software-Codes im Silicon Valley ist weit weg von den Sorgen der Menschen im industriellen Rostgürtel Amerikas, der entscheidend für Trumps Sieg war. Dara Khosrowshahi, der Vorstandschef des Reiseportals Expedia, zog nach der Wahl ein selbstkritisches Fazit: „Als Tech-Führungskräfte müssen wir zugeben, dass wir enorm von unserem Land entkoppelt sind.“

Unter dem scheidenden Präsidenten Barack Obama sind in der Technologiebranche gewaltige Reichtümer geschaffen worden. Apple, die Google-Holding Alphabet und Microsoft sind heute die drei am höchsten bewerteten Unternehmen der Welt, Facebook und Amazon liegen nicht weit dahinter. Die Geschichten der Aktienmillionäre und -milliardäre im Silicon Valley sind legendär. Aber von diesem Segen profitiert nur eine kleine und elitäre Gruppe.

Die Belegschaften der Tech-Giganten sind vergleichsweise überschaubar. Alphabet kommt zum Beispiel mit etwas mehr als einem Fünftel der Beschäftigten aus, die der Industriekonzern General Electric hat. Peter Thiel hat erkannt, dass die heile Welt seiner Branche nicht repräsentativ für das Land ist. „Im Silicon Valley geht es den Menschen großartig“, sagte er wenige Tage vor der Wahl. „Aber die meisten Amerikaner haben keinen Anteil an diesem Wohlstand.“

Trumps Aussagen widerstreben häufig den Auffassungen im Silicon Valley

Auch unter Obama war das Verhältnis zwischen der Technologiebranche und der Regierung nicht immer ungetrübt. Die Enthüllungen über Spionageprogramme des amerikanischen Geheimdienstes NSA sorgten für Spannungen, Apple lieferte sich in diesem Jahr einen öffentlichkeitswirksamen Streit mit der Bundespolizei FBI um die Entschlüsselung des Smartphones eines Attentäters. Insgesamt aber kamen beide Seiten gut miteinander aus, einige frühere Vertraute von Obama wechselten sogar zu Technologieunternehmen wie Uber. Ähnlich partnerschaftliche wäre wohl die Zusammenarbeit mit Hillary Clinton geworden. Trump hat dagegen schon im Wahlkampf feindselige Töne angeschlagen. Er sagte, er werde Apple dazu bringen, seine „verdammten Computer“ wieder in Amerika herzustellen, und er unterstellte Amazon ein „riesiges Kartellproblem“.

Aber nicht nur diese direkten Attacken dürften die Technologieindustrie beunruhigen. Vieles von dem, was Trump im Wahlkampf getan und gesagt hat, widerstrebt völlig den gängigen Auffassungen im Silicon Valley. Es wäre verheerend für die Branche, wenn der künftige Präsident tatsächlich, wie angekündigt, Barrieren für den grenzüberschreitenden Handel schaffen würden. Auch eine restriktivere Einwanderungspolitik wäre das Gegenteil dessen, wofür Unternehmen wie Facebook seit Jahren kämpfen. Sie setzen sich dafür ein, mehr Visa für hochqualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland zu bekommen. Trumps Zweifel am Klimawandel wiederum sind kein gutes Zeichen für die vielen Unternehmen aus dem Silicon Valley, deren Geschäft sich um erneuerbare Energien dreht.

Die Börse scheint die Technologiebranche schon jetzt als einen der größten Verlierer der Wahl zu sehen. Die Kurse von Alphabet, Facebook und Amazon sind an allen drei Handelstagen seit Trumps Triumph gefallen. Dabei haben die Finanzmärkte insgesamt überraschend positiv auf den Wahlausgang reagiert. Vor allem die Kurse von Pharma- und Rüstungsunternehmen sowie von Banken sind seither deutlich gestiegen.

Das Wahlergebnis ist für die amerikanische Technologieindustrie nicht nur eine mögliche Bedrohung, sondern es ist auch peinlich. Im Silicon Valley wird gerne über das Potential von Big Data und künstlicher Intelligenz gesprochen. Aber wo waren die Instrumente, die Trumps Wahlsieg hätten voraussagen können? Die Welt ist von dem Ergebnis kalt erwischt worden, die meisten Prognosen wiesen auf einen klaren Erfolg von Clinton hin.

Facebook soll für Wahlausgang mitverantwortlich gewesen sein

Die Branche musste auch zusehen, wie ihre eigenen Produkte gegen sie verwendet wurden. Facebook wurde in den vergangenen Tagen vorgeworfen, für den Wahlausgang mitverantwortlich zu sein, unter anderem weil hier viele Falschmeldungen verbreitet wurden, etwa dass der Papst für Trump sei. Vorstandschef Mark Zuckerberg hat behauptet, dies habe keinen Einfluss auf das Ergebnis gehabt. In jedem Fall aber war Facebook ein wichtiges Medium für Trump-Anhänger. Beispielsweise gehörten Geschichten der Krawallpublikation „Breitbart News“, die sich als Sprachrohr für Trump positioniert hat, in den vergangenen Monaten auf Facebook zu den am meisten weiterverbreiteten und per „Like“ gutgeheißenen Inhalten.

Trumps Sieg hat für die Technologiebranche womöglich nicht nur schlechte Seiten. Sie könnte zum Beispiel von einer Steuerreform profitieren, wie sie der künftige Präsident in Aussicht gestellt hat. Sie würde zu den größten Nutznießern zählen, wenn Trump sein Versprechen wahrmacht, den Steuersatz für im Ausland erwirtschaftete und nach Amerika zurückgebrachte Gewinne deutlich zu reduzieren. Apple hortet derzeit mehr als 200 Milliarden Dollar im Ausland, Microsoft mehr als 100 Milliarden Dollar.

Für viele im Silicon Valley ist das aber offenbar ein schwacher Trost. Der prominente Investor Shervin Pishevar hat sogar gesagt, er wolle nach einem Wahlsieg von Trump eine ernsthafte Kampagne zur Abspaltung Kaliforniens von den Vereinigten Staaten starten. Dafür gibt es schon den Spitznamen „Calexit“. Andere versuchen indes, ihre Trauer möglichst schnell abzuhaken und wieder zur Tagesordnung überzugehen. Unternehmer und Investor Sam Altman twitterte nach Trumps Sieg: „Heute Nacht weinen wir, wir verzweifeln, und wir haben Angst. Morgen gehen wir zurück an die Arbeit und versuchen, die Welt zu bauen, die wir wollen.“

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