MESOP : STRUKTUR & TECHNIK DER RUSSISCHEN DESINFORMATIONSKAMPAGNE ZUR GEZIELTEN VERWIRRUNG ÜBER DEN EIGENEN ANGRIFF AUF EINEN HILFSKONVOI DER VEREINTEN NATIONEN (UN)

22 Sep 2016 – MESOP – Geschieht etwas Gravierendes, das Russland in schlechtem Licht erscheinen lässt, ist der Apparat gefordert. Ministerien und Medien arbeiten zusammen, um alternative Erzählstränge zu verbreiten. Sie können und sollen einander widersprechen. Ziel ist es, Verwirrung zu stiften und den Eindruck zu erwecken, die Wahrheit könne nicht ans Licht kommen, weil „alle lügen”.

So war es nach dem Abschuss von MH17 über der Ostukraine, als derselbe Vertreter des Verteidigungsministeriums binnen weniger Minuten zwei Versionen präsentierte: Das ukrainische Militär habe das Flugzeug mit einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen, und ein ukrainisches Kampfflugzeug sei es gewesen. Ein ähnliches Vorgehen ist nun mit Blick auf das Schicksal des UN-Hilfskonvois am Montagabend südwestlich von Aleppo zu beobachten. Während es aus Washington heißt, wahrscheinlich habe die russische Luftwaffe den Konvoi angegriffen, standen am Mittwoch drei russische Versionen im Raum: unabsichtliches Artilleriefeuer; absichtlicher Beschuss aus einem Granatwerfer; Brandstiftung, jeweils durch Gegner des Verbündeten Baschar al Assad.

Nachdem am Dienstag im Westen zunächst auf die russische oder syrische Luftwaffe gewiesen worden war, sagte Igor Konaschenkow vom Verteidigungsministerium, nichts deute darauf hin, dass die Wagen von „Munition” getroffen worden seien. Tatsächlich zeigten die Bilder vom Tatort sehr wohl Spuren davon, hob das auf Russlands Kriegsführung spezialisierte Moskauer Conflict Intelligence Team (CIT) hervor.

Zudem seien auf während des Angriffs aufgezeichneten Aufnahmen der Lärm von Kampfflugzeugen und Schüsse von Bordkanonen von Kampfhubschraubern zu hören. Weiter sagte Konaschenkow, alles, was auf den Bildern zu sehen sei, sei Folge eines „Feuers”, das „seltsamerweise” zugleich mit einem „großangelegten Angriff“ von „Terroristen” auf Aleppo mit Panzern und Artillerie ausgebrochen sei. Nur diese hätten alle Informationen über den Standort des Konvois gehabt. Dem steht entgegen, dass das Verteidigungsministerium dem Sender RT Bilder seiner Überwachungsdrohnen für Online-Übertragungen zur Verfügung stellt. Das bestätigte indirekt auch das russische Außenministerium, das am Abend mitteilte, das russische Militär habe die Lieferung „bis zum Zielort” aus der Luft beobachtet.

Kurz darauf veröffentlichte das Verteidigungsministerium ein Video, das, so Konaschenkow, einen „Pick-up mit großkalibrigem Granatwerfer” von „Terroristen” neben dem Konvoi zeige. Es sei unklar, „wer wen schützt: der Granatwerfer den Konvoi mit Freiwilligen der ,Weißen Helme’ oder umgekehrt”.

Damit bediente der Sprecher den Moskauer und Damaszener Erzählstrang, dass die Helfer der „Weißen Helme” eigentlich „Terroristen” und legitime Ziele seien. Konaschenkow sagte, die wichtigste Frage sei, auf wen der Granatwerfer geschossen habe, während der Konvoi entladen worden sei. Das CIT fand zudem heraus, dass die Bilder mehr als fünf Stunden vor dem Angriff aufge-zeichnet worden seien. Es verwies auf ein am Tatort aufgenommenes AFP-Foto, das ein Fragment einer Splitterbombe zeige, wie sie gemäß RT-Bildern Moskaus Luftwaffe in Syrien verwendet.

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